Experteninterview: Dipl.-Ing. Janosch Blaul von dBEL GmbH + Co. KG
Experteninterview zum Thema Schallschutzplanung für Fenster
Der Schallschutz ist ein entscheidender Faktor für die Gebrauchstauglichkeit eines Gebäudes, der leider oft bei der Planung vernachlässigt wird. Während ästhetische und konstruktive Aspekte im Mittelpunkt stehen, beeinflussen auch bautechnische Gesichtspunkte wie der Wärme- und Feuchteschutz sowie der Brandschutz und Schallschutz die Qualität eines Bauwerks. Doch gerade der Schallschutz wird häufig unterschätzt, bis die Bewohner oder Nutzer während der Nutzung mit einem unzureichenden Schallschutz konfrontiert werden. Erst dann rückt die Relevanz eines effektiven Schallschutzes in den Fokus. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, den Schallschutz bereits in der Planungsphase angemessen zu berücksichtigen, um den Komfort und das Wohlbefinden der Menschen im Gebäude zu gewährleisten.
Über den Experten
Dipl.-Ing. Janosch Blaul, dBEL GmbH + Co. KG, ist COO
Als erfahrener Akustiker und langjähriger Mitarbeiter bei Wölfel ist Janosch Blaul seit über 12 Jahren darum bestrebt, die Welt ein Stück leiser zu gestalten. Mit seinem kreativen Ansatz arbeitet er eng mit Wölfel zusammen, um durch Beratung und die Entwicklung von innovativen Softwareprodukten effektiven Schallschutz zu ermöglichen. In seiner derzeitigen Position als COO der dBEL GmbH + Co KG ist sein Ziel, dieses wertvolle Fachwissen einer noch breiteren Zielgruppe zugänglich zu machen und die Bedeutung des Schallschutzes zu betonen. In Zusammenarbeit mit Fensterblick GmbH & Co. KG wurde ein Schallschutz-Tool zur Auralisation von Fenster-Schalldämmwerten entwickelt.
Warum ist eine Schallschutzplanung für Gebäude ein so wichtiges Thema?
Ein Gebäude stellt in der überwiegenden Mehrheit aller Fälle einen geschützten Ort für Menschen dar. Die Qualität und Nutzbarkeit wird hierbei maßgeblich durch die Akustik und „Schallbelastung“ beeinflusst. Eine übermäßige Belastung durch Lärm kann die Konzentrationsfähigkeit beeinflussen, gesundheitliche Auswirkungen haben und letztendlich die Lebensqualität mindern. Für öffentlich genutzte Räume wird meist ein Nachweis der Einhaltung definierter Grenzwerte gefordert, was in der Regel durch eine Schallschutzplanung sichergestellt wird. Auch wenn im privaten Sektor ebenfalls Grenzwerte definiert sind, wird die Planung hier leider oftmals vernachlässigt. Dabei ist das Eigenheim doch eigentlich ein sehr geschützter Raum, indem wir uns auch von Strapazen des Alltags erholen wollen. Ich sehe daher eine Schallschutzplanung auch in diesem Kontext als sehr wichtig an. Sicherlich muss dies nicht in der Detailtiefe erfolgen wie im öffentlichen Raum, doch auch privaten Bauherren rate ich sich diesem Thema anzunehmen, denn ein Haus kauft oder baut man für gewöhnlich nur einmal im Leben.
Welchen Einfluss haben Fenster für die Schallisolierung von Gebäuden?
Der Schall sucht sich immer die schwächsten Stellen um in ein Gebäude einzudringen. Insb. im Massivbau sind dies zweifelsohne die Fensterflächen sowie ggf. Lüftungsöffnungen. Der Schallschutz moderner Fenster liegt bei etwa 31 dB, was in verkehrsarmen Gegenden zumeist ausreichend ist. Doch „laut“ und „leise“ sind keine definierten Begriffe, sondern stark subjektive Beurteilungen ob man sich von Schallereignissen gestört oder ungestört fühlt. Daher rate ich jeden Bauherrn sich mit dem Thema zu beschäftigen, insb. wenn man im Einwirkbereich einer stark befahrenen Straße befindet. Mit unserer Anwendung für Fensterblick besteht nun ein Werkzeug sich selber ein Bild zur Wirkungsweise unterschiedlicher Fenster zu machen, indem man in die Planung „hineinhört“. So kann sich jeder sein passendes Fenster akustisch auswählen.
Welche rechtlichen Bestimmungen gibt es für Schallschutzfenster?
Die rechtlichen Bestimmungen beziehen sich meist auf den resultierenden Innenpegel im Gebäude und hängen von der spezifischen Nutzung ab. Um den geforderten maximal zulässigen Innenpegel sicherzustellen, muss abhängig von dem Ort und den umliegenden Lärmverursachern ein resultierendes Schalldämmmaß der Außenbauteile sichergestellt werden. An dieser Stelle ergeben sich dann die notwendigen Anforderungen an die Fenster, welche üblicherweise nach DIN 4109 berechnet werden.
Wie kann der Bedarf an notwendiger Schalldämmung für Fenster ermittelt werden?
Mit Bezug auf die rechtlichen Vorgaben erfolgt dies auf Basis einer Schallausbreitungsberechnung. Hierbei wird in einem 3D Modell unter Nutzung normativer Berechnungsverfahren, die Lärmbelastung aus umliegenden Schallquellen an den Fensterpositionen berechnet. Zumeist dominiert der Verkehrslärm, welcher im Falle von Straßenverkehr auf Basis der Verkehrsmengen unter Nutzung der Rechenvorschrift RLS19 bestimmt wird. Der erforderliche Schallschutz leitet sich dann an den Anforderungen im Innenraum ab – sprich mit welchem Schalldämmwert kann bei vorliegendem Pegel am Fenster die Anforderung eingehalten werden. Teilweise werden Mindest-Anforderungen auch im Bebauungsplan festgehalten, die dann zwingend umzusetzen sind. Alternativ oder darüber hinaus empfehlen wir mit Hilfe der Fensterblick Anwendung die notwendige Schalldämmung über das Gehör zu ermitteln.
Schallschutzplanungs-Hilfe zur Ermittlung der passenden Schallschutzklasse
Die dBEL GmbH & Co. KG vereint über 50 Jahre Erfahrung und Ingenieurwissen der Wölfel-Gruppe. In Zusammenarbeit mit dBEL wurde ein Tool zur Hörbarmachung von Fenster-Schalldämmwerten entwickelt. Auf Basis einer Web-Karte und unter Nutzung eines Geomodells kann für beliebige Adressen und Standorte (Fenster-Positionen) eine Einzel-Auto-Vorbeifahrt akustisch berechnet und für unterschiedliche Situationen wie beispielsweise offenes Fenster oder einem Schallschutzfenster, hörbar gemacht werden. Als Datenbasis für die Akustikprognosen dient ein globales „Ready to Use”-Datenmodell im Zusammenspiel mit KI (Künstlicher Intelligenz). Über eine Cloud-Plattform als zentrale Schnittstelle werden die Daten verarbeitet und aufbereitet. Auf diese Weise steht für jede Vorhaben-Adresse bereits ein fertiges 3D Häusermodell mit vordefinierten Lärmdaten bereit.